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Joan Fuster
1922-1992

3. Alemany [Breviari Cívic]

[...] In dem mäßigen, dumpfen und verwirrenden Kampf gegen das Regime im País Valencià —und jetzt beschränke ich mich auf das, was ich selbst aus nächster Nähe erlebt habe—, trat mit unschuldiger Klarheit die Tatsache auf, dass «alle Freiheit solidarisch ist», darunter auch, die «nationale». Das «nationale Problem» der Valenzianer prägte alle demokratischen Bestrebungen. Und es ist nicht zu missachten, dass heute die die Menschen und Parteien, die sich einfach in der Anstrengung vereinten, das valenzianische Volk von seiner jahrhundertealten kollektiven Kurzsichtigkeit zu erlösen, von der unerschrockenen Ultrarechten als «Katalanisten» bezeichnet werden. Während ich diese Zeilen schreibe, sehe ich in den Zeitungen die Rezensionen einer Rede von Blas Piñar, vom 1. Oktober 1978, in Valencia: Sie resümieren das Quäntchen der Angst vor dem Faschismus und dem spanischen Nationalismus vor dem Panorama des Aufbegehrens der Massen hinsichtlich ihrer Zurücksetzung als individuelles «Volk». Leider bleibt immer noch viel zu tun. Es ist indiskutabel, dass es heutzutage nicht wenige Valencianer gibt, die sich bewusst als solche bezeichnen und die ihre «Identität» hinterfragen... Països Catalans?
 

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Aus valenzianischer Sicht ist das Durcheinander schrecklich. Im Jahr 1962 veröffentlichte ich ein Buch, Nosaltres els valencians, das darüber berichten wollte: es drängen sich in Valencia die herkömmlichen und ständig präsenten Klassengegensätze und weitere Konfliktpunkte wie Sprache, Kultur, Nationalbewusstsein zusammen. Die Unentschlossenheit, die Perplexitäten —wir sind ein «perplexes Land », wie es genau so Josep-Vicent Marqués formuliert—, sind jeden Tag auf den Straßen spürbar. Vor kurzem rief uns jemand von der Titelseite einer Lokalzeitung dazu auf «Valencianer und nur Valencianer» zu sein. Das «nur Valencianer» war natürlich an die «Katalanisten» gerichtet, an die schändlichen, ruchlosen verdammten «Katalanisten». Nun aber, was heißt es eigentlich, im País Valencià, nur «Valencianer» zu sein? Machen wir uns nichts vor: es gibt keinen Valencianer, der nur Valencianer ist. Valencianer zu sein bedeutet, mehr als nur Valencianer zu sein; es heißt entweder zu denen zu gehören, «die Spanien neuen Glanz verleihen», oder es heißt «Katalanist» zu sein. Es handelt sich um eine «nationale» Wahl. Natürlich fing der Herr, der uns dazu aufrief, «nur Valencianer» zu sein, damit an, nicht «nur Valencianer» zu sein. Er ist «spanischer Nationalist», im schlechten Sinne des Wortes. Wird er so liberal sein, dass er uns andere weiterhin Valencianer sein lässt, so valenzianisch wie er oder jeder andere und gleichzeitig «Katalanisten» im –ebenfalls- schlechten Sinne des Wortes? Die Anekdote ist lächerlich, aber bezeichnend.

Die Tatsache, dass niemand «nur Valencianer» ist, abgesehen von befremdlicher und ultradurchsichtiger Folklore. Sowohl die Valencianer als auch die Mallorquiner müssen sich, wegen einiger alter Schwierigkeiten, die nicht schwer zu erklären sind, in Bezug auf die «Nation» für die eine oder andere Seite entscheiden, und aus dieser Option, wenn die Zeit gekommen ist, vernünftig und ausgewogen darüber nachzudenken, wird eines Tages ein «País Valencià» hervorgehen, das dazu neigt, zu seiner eigenen Identität zu stehen oder weiterhin sich als Provinz spürbar vor dem Kolonialherren beugt. [...]

( Aus "Països catalans: entre el problema i el programa", in "Països Catalans", in Breviari Cívic, 1996, S. 160-161)
 

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[...] Zunächst möchte ich das Wesen des Durcheinanders hintenan stellen: die objektiven Bedingungen der Zweisprachigkeit, in der wir leben. Dieser verworrene und unklare Punkt verdient gesonderte Reflexion. Die Angelegenheit der Nomenklatur ist hingegen gar nicht verworren und unklar. Wir müssen zu allererst überlegen, dass eine Bezeichnung wie «katalanische Kultur» keine andere Reichweite haben kann als ähnlich lautende Bezeichnungen («französische Kultur», «italienische Kultur», etc.). Das Adjektiv —die Länderbezeichnung—, spielt hierbei natürlich die entscheidende «besondere» Rolle. Wegen der Sprache? Damit wären wir bei des Pudels Kern angekommen. Es besteht kein Zweifel, dass die Sprache der Faktor ist, der die modernen nationalen «Kulturen» prägt. Diese Feststellung lässt einige Abschwächungen zu, die im Allgemeinen mit den Fällen der Sprachen verbunden sind, welche in «multinationalen» Räumen gesprochen werden: Englisch, zum Beispiel, in Großbritannien wie auch in den Vereinigten Staaten, oder Spanisch mit seiner Ausbreitung auf dem amerikanischen Kontinent. Das alles ist auch heute noch so entscheidend für die Bedeutung einer Sprache, dass wir von «angelsächsischer Kultur» oder von «hispanischer Kultur » sprechen, um die gemeinsame Grundlage des globalen sprachlichen Raumes zu bezeichnen. Nun lässt sich aber einwenden, dass es vielleicht nicht damit getan ist, auf die Sprache zu verweisen. Die Situation der nicht einsprachigen «Kulturen» ist nicht so ungewöhnlich wie man glauben könnte. Früher galten sie als «normal»: In den Països Catalans, setzte sich im Mittelalter die autochthone «Kultur» aus mindestens drei Sprachen zusammen. Gut, vielleicht war das letztendlich nicht perfekt so; das wird sich eines Tages zeigen. Aber wir können es als geltende Realität akzeptieren. Wie dem auch sei, die Rechtfertigung des ethnischen Namens erlangt ihre volle Gültigkeit durch den unmittelbaren «Gebrauch», den eine «Kultur» erlangt. Das heißt, jede «Kultur» besitzt Grenzen, die ihren regulären Funktionsrahmen festlegen, zu denen die unverfälschten Traditionen, ihre umfassende soziale Problematik sowie ihre Zielgruppe gehören. Ich weiß nicht, ob ich mich so klar ausdrücke, wie es nötig wäre. Kommen wir zu dem Fall zurück, der uns beschäftigt, so ist offensichtlich, dass die so genannte «katalanische Kultur in kastilischer Sprache», auch wenn sie sehr viel «Katalanisches» hat —das müssten wir im Detail klären—, einer Tradition angehört, einer Interessensordnung und einem konsumierenden Publikum, die nicht explizit «katalanisch» sind. Uns an der «Katalanität», der auf Katalanisch geschaffenen «Kultur», aufzuhalten wäre überflüssig. Vielleicht entspricht sie nicht immer der überregionalen Ebene, die der Begriff «katalanisch» eigentlich suggerieren sollte; aber das ist ein anderes Thema. Auf jeden Fall, nennen wir, um das einmal abzugrenzen, «kastilische Kultur» diejenige, die, außer dass sie auf Kastilisch geschrieben ist, sich an eine aufmerksame spanischsprachige Bevölkerung —aus Spanien und sogar aus Lateinamerika— wendet und die sich in «klassischen» Sprachschemata äußert und aus der Gesamtbewegung hervorgeht; daher scheint es unbestreitbar, dass die «Kultur», auf die sich Castellet* beruft und die im katalanischen Raum geschaffen und bewahrt wird, nur eine regionale Variante ist, ein mehr oder weniger nuancierter regionaler Beitrag. Dass die aktuelle «katalanische Kultur» beachtliche Elemente auf Kastilisch enthält –eine bemerkenswerte Menge an schlauen Büchern, Zeitungsartikeln, akademischen Spielereien—, weiß jeder, und wir halten es für selbstverständlich. Darüber diskutieren wir nicht. Die einzige richtige Bedeutung des Begriffs «katalanische Kultur» ist letztendlich die, die der Begriff schon immer hatte...

*Anmerkung der Übersetzerin: Josep Maria Castellet (Barcelona, 1926. Literaturkritiker und Essayist).

(Aus "Les altres cultures", in "Països Catalans", in Breviari Cívic, 1996, S. 170-177)
 

Übersetzung aus dem Katalanischen von Katharina Wieland ©


 

Amb el suport de:

Institució de les Lletres Catalanes