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Bartomeu Fiol
1933-2011

3. Deutsch

Keinen verderben zu lassen, auch nicht sich selber.
 BERTHOLT BRECHT

Unsere Beulen an der Stirn sind nicht so schlimm
und auch nicht so schwer, einen Hund zu streicheln, mag er auch grindig sein.
Im Stehen und wortkarg rufen wir uns belanglose Formeln zu:
die Fallstricke so vieler Jahre verschwinden
auf mit schlechtem Omen behafteten Pfaden
(aber sie verschwinden nicht von selbst.)
Wir lechzen nach einer Welt ohne Grauen,
die andere steht uns schon bis zum Hals!
(Aber sich aufzuregen reicht nicht.)

( Aus Calaloscans,1966)
 

* * *
 

Von hier geht niemand wieder fort.
LEON FELIPE

Wir ziehen hier nicht weg – das weißt du genau -.
an dieses so nahe Ufer, aus dem Fenster gelehnt,
dem Regen zugewandt und dem erstickenden Schweigen
- starrköpfig und mehr als starrköpfig,
ungestüm, barsch und dreckig,
und alles, was ihr wollt -,
ohne einen ausgestellten Passierschein
mit den schweren, triefenden Siegeln darauf
wo mit der Klarheit des Bluts geschrieben stünde
die ganze Wahrheit, Buchstabe für Buchstabe.

(Aus Calaloscans, 1966)
 

* * *
 

AN SALVADOR ESPRIU

Wir sind vielleicht ängstlich und zu bescheiden,
wenn wir auch sehr empfindlich sind
und seltsamerweise unfähig
uns entsprechend einzurichten.

Zum Schweigen zu kommen
soll uns nicht Angst machen,
auch keine Angst,
im Schweigen zu verharren,
bescheiden wie ein Stein oder ein Tier.

Zügellos und zugleich gefangen, ist das Wort
viel gefährlicher.
Wie ein reizendes Mädchen,
das uns Orientierung und Kopf verlieren läßt.

Wir sollen nicht andren die Wahrheit aufzwingen,
keine Lektionen erteilen, nicht die Zukunft lesen,
keine noch so schlüssige Statistik vortragen,
oder wie der, dem gleich schon der Triumph beschert,
die Therapie Punkt für Punkt zu diktieren.

Wir steigen für immer von der Kanzel herab.
Das Pult zerhacken wir in Splitter.
Die ohrenbetäubenden Lautsprecher sind fort.
Vielleicht bedienen wir uns der Sprache der Hände.

Nein, es soll uns nicht Angst machen
uns ins Schweigen zu begeben.
Sein großes Haus hat mehr Räume
als unsere zerzauste Sprache.

(Aus Camp Rodó, 1973)
 

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PFLUG UND ERDE

Der trügerische Schein des Artefakts
kann beträchtlich und respektabel sein.
Hier aber will jede Pflugschar
mehr mit der Erde verbunden sein
und nicht mit der Form des Pflugs.

(Aus Catàleg de Matèries, 1998)
 

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GEBETSVERSUCH IM TEMPEL MIT EINIGEN
SPRÖDEN ODER HARTEN KORREKTUREN


Abba, Großvater oder Ururgroßvater,
Ihr, die ihr überall weilt,
wir halten Eure Namen in Ehre,
- die bekannten wie die unbekannten -
und vor allem euer Schweigen.

Wir nähern uns eurem Reich des Offenen
und es soll natürlich immer euer Wille geschehen,
außer wenn wir wie ein Schwarm Schmeißfliegen
zu Dutzenden ganz flink am Fett des Übels naschen.

Gebt uns unser tägliches Vollkornbrot
da nobis hodie
und vergebt uns unsere Schulden und Ausrutscher
- unsere Missetaten, Heimtücken und Fehltritte –
so wie wir versuchen unseren schrecklichen Schuldigern
(ohne viel Erfolg, sei angemerkt)
zu vergeben, die es auch dick hinter den Ohren haben.

Versuchungen werden immer spärlicher,
abgesehen von unbändiger Wut,
stürmisch und unüberlegt.

Aber Adonai, schweigend, der du uns in Wahrheit
völlig unverzichtbar bist
nimm dich auf die eine oder andere Weise
unserer Kinder an, für die wir nie aufhören
werden, verantwortlich zu sein.

Aber, sollten wir nicht verwirrt,
unbewußt, verunglückt unsolidarisch
nicht auch Gebete an euch richten für die Masse
an Toten verschiedensten Alters und Umständen,
doch lebende Glieder
- weil wir es so wollen -
wir es so fordern müssen von unserer, eurer, Ihrer
unbekannten Gemeinschaft der Heiligen.
Es fehlen uns gewiß andere Dinge,
aber sagt nicht, es fehlte uns an Willen.

(Unveröffentlicht)
 

Aus dem Katalanischen übersetzt von Theres Moser ©

Amb el suport de:

Institut d'Estudis Baleàrics