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Salvador Company

Deutsch [Lawn Tennis]

Im vorletzten Frühjahr des vergangenen Jahrhunderts, als ich eine Stelle als Lektor in einer gewissen postindustriellen Stadt des Vereinten Königreichs annahm, war ich davon überzeugt, dass einer meiner Lebensträume wahr werden würde: Einmal auf einem Rasenplatz Tennis spielen.

Während des Semesters, welches ich in dieser deprimierenden Stadt im tiefen England verbrachte, kam es aufgrund einer Reihe von Umständen, die hier keine Rolle spielen, nicht dazu. Dieses Jahr, also zwei Jahre später, konnte ich meinen Traum in einer anderen Stadt verwirklichen, einer kleineren, elitäreren Stadt, deren Industrie so alt ist, dass sie sich nicht von technologischen Neuerungen aus der Ruhe bringen lässt.

Als ich mich den ersten Rasenplätzen, auf denen ich spielen würde, näherte, gab es zwei Sachen, die mir nicht aus dem Kopf gingen. Die erste ist vielleicht zu persönlich, um irgendjemanden zu interessieren; ich werde sie trotzdem erzählen: Seit ich anfing Tennis zu spielen, plagten mich Träume von dieser Art Tennisplatz. Mit mehr oder weniger absurden Varianten geht es immer um Folgendes: Ich bin kurz davor auf einem zu spielen, aber aus irgendeinem Grund – es gibt einen Wolkenbruch, das Gras ist in schlechtem Zustand, wir finden keinen freien Platz oder verlaufen uns auf der Suche nach ihm, der Traum geht in einen anderen über oder ich wache auf – schaffe ich es nie. Als mein erster Gegner, ein amerikanischer Professor, bis an den Rand des Spielfeldes gelangt war und sagte, es gäbe ein kleines Problem, die Linien wären noch nicht aufgemalt worden, befürchtete ich, dass sich statt der Erfüllung meines Traumes einer dieser Tennis-Albträume einstellen würde. (Später merkte ich erleichtert, dass man sich direkt auf dem Feld befinden musste, um die Linien sehen zu können.) Am Ende fanden wir jedoch ein paar Rasenplätze mit Linien, nicht weit von den ersten entfernt.

Die andere Sache, über die ich auf dem Weg zu jenen Plätzen nachdachte, war, ob sie demjenigen ähneln würden, den es in der Nähe des Dorfes meiner Eltern gab, der erste Rasenplatz, den ich in situ sah, oder ob sie eher wie die in Wimbledon sein würden, welche ich nur vom Fernsehen kannte. Wie ich feststellen konnte, ähnelten die College-Sportplätze, auf denen wir spielten, keinem von beiden besonders. Zunächst einmal befanden sie sich am Rand einer gut getrimmten Graswiese (welche vielleicht als Kricket-Feld diente), sie gingen ohne Abtrennung ineinander über, was mich an die Fotos des alten Stadions in Forest Hills erinnerte und an den Kooyong in Melbourne, den ich in Büchern und Zeitschriften gesehen hatte; zudem hingen die Netze in der Mitte bis zum Boden durch und das Gras war nicht so perfekt getrimmt wie das des All England Lawn Tennis & Croquet Clubs. (Am nächsten Tag sah ich auf den Plätzen eines anderen College, dass diese nur für Turniere so geschnitten wurden.) Eines dieser Details, ich weiß nicht mehr welches, erinnerte mich jedoch unfehlbar an den Rasenplatz, der mir als kleinem Jungen wie ein Trugbild zwischen meinem Dorf und L'Eliana erschienen war.

(Lawn tennis, 2004, p. 17-18)

* * *

Gestern, an einem bewölkten Tag Ende September, kehrte ich zu dem Platz zurück. Dieses Mal fuhr ich mit der Metro bis L'Eliana und vermied, beim Vorüberfahren einen Blick auf ihn zu werfen. Von dem kleinen Bahnhof aus lief ich noch einmal den Weg ab, den er an jenem Junimorgen, an dem wir zusammentrafen, gerade gehen wollte.

Einen Moment lang war ich jedoch kurz davor, wie er, auf halber Strecke kehrt zu machen. Es gab Pfützen und viel Matsch und außerdem machte ich mir nach den so häufigen, herbstartigen Sommergewittern Sorgen wegen des Zustands, in dem ich ihn auffinden würde. In einem nahe gelegenen Garten oder auf irgendeinem Feld wurden Reste abgebrannt. Als ich gerade den Rückweg einschlagen wollte, füllte mir der Duft jenes Rauches aus feuchtem Gras die Sinne mit Erinnerungen. Ich beschloss, den Platz von außen zu besichtigen, und doch kam ich zu nah. Ein Erdrutsch an der Uferböschung, welche furchtbar nach Faulschlamm stank, hatte dazu geführt, dass der linke, hintere Teil des Platzes weggebrochen war. Die am nächsten stehende Hausmauer, an der sich immer noch Reste einer ehemaligen schwarzen Linie abzeichneten, war ganz rissig. Nicht weit entfernt, neben einem von zwei Sprüngen durchfurchten Fenster, halb verdeckt durch unleserliche Graffiti, hielt sich die Anti-NATO-Pinselei. Durch den Rutsch waren auch die Eisenstangen abgefallen, welche auf dieser Seite den Drahtzaun gehalten hatten; dessen einziger sichtbarer Rest waren, von außen aus gesehen, ein paar rostige, quadratische Markierungen an der rissigen Hauswand. Das Netz war verschwunden, möglicherweise von den Regengüssen fortgeschwemmt. Allerdings gab es auf dem Stück Grund, welcher der eigentliche Platz gewesen war, keine Pfützen. Seine Erbauer hatten ganze Arbeit geleistet. Einer der Netzpflöcke, der einzige, der übrig geblieben war, hatte sich ein wenig in Richtung der Abwesenheit des anderen geneigt; einen halben Finger, höchstens einen Fingerbreit. Von den Linien gab es schon lange keine Spur mehr.

(Lawn tennis, 2004, p. 63-64)


Aus dem Katalanischen übersetzt von Cäcilia Harder ©