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Miquel Desclot

3. Alemany

SKIZZE EINER SCHLAFENDEN FIGUR

                      Für Teia

Zurück aus dem Spital am selben Tag
als ihr in Blüte standet,
Du und die Linde,
bist du im Bett zu Hause eingeschlafen
im milden Licht der Abenddämmerung.
Hinter der blassen Stirn des Kindes
erahne ich die Unruhen der Narkose,
den Alptraum eines Pulsschlags ohne Takt,
diese kleine Hand, die dir über den Bauch streicht...
Vielleicht entführt mich der Traum unter anderen
Träumen, ein Gott auf einem silbernen Schwan,
damit ich ihm in einem goldenen Becher
den für dich bestimmten Trank reiche.
Du tust, als wolltest du nicht aufwachen
solange noch Schmerz und Übel andauern.

          Cambridge, 16. VII. 1996

* * *

MITTELMEER

                            für Toni Vidal

Es zerschellen die Wellen aus Stein
an den reglosen Klippen des Wassers
wirbeln eine Steinsplitterwolke auf
die die Wege begräbt, die Spuren im Wasser
noch schlafend taucht aus den Tiefen des Steins
der alte Drache mit Schuppen aus Wasser
sein Reich zu weihen dem Gesetz des Steins
mit Fundamenten auf dem Grund des Wassers.
Plötzlich weht vom Oleaster her der Wind
vereint Reich und Drachen mit der Sonne
und schickt hinaus seine Heere des Winds
die Schattenplatz und Sonnenschirm zerstören.
Beim Klang des hymnischen Gesang des Winds
bewundern Stein, Wasser und Wind die Sonne.

* * *

ÄQUINOKTIUM

Mit der Sieben kommt die Unendlichkeit,
wo der Strich verschwindet zwischen zwei Blau;
Finger für Finger zerfällt das Skelett,
scheitert die Erinnerung zwischen zwei Flüssen;
Seit jeher laugen sich die Planeten aus,
um sich mit dem Zusammenfluß der Partikel zu vereinen,
von Brunnen zu Brunnen schmilzt der Pyrit,
um im parabolischen Lauf aufzusteigen.
Im Käfig des Brustkorbs dämpfen das Girren der Todestaube
und die Stöße des Kopfs
gegen die verkalkten Gitterstäbe
das Brüllen des wilden Tieres nicht,
das die Wurzel bloßlegt und die Welle vergällt,
wenn von fern die ersten Vögel wiederkehren.

* * *

DER GEWÖLBTE STEIN

          Petrarca übersetzend

Ich führe dich über Wege ohne Agaven
durch den Wald, wo nur mehr der Dachs seine Spur zieht,
zum windigen Gipfel des abschüssigen Hügels
wo alle Signalfeuer ersterben;
ich lehre dich unterwegs die Sprache der Eltern
und jedes Wort ist voll Salbei und Thymian.
Als wärst du nicht Meister und ich Schüler
so als hätte dein Geist uns gleich gemacht.
Damit du von der Anhöhe aus siehst
wie ein Trieb aus einem Baumstumpf sprießt
wie ein zarter Sproß in versenkter Erde
das Wort aus Blut gedeiht
eine Minute lang in der Sonne,
marmorner Baum über dem Denkmal.

* * *

WALD VON TENTSMUIR

          für Anna Crowe und Kate Pattullo

Ich komme vom grell blendenden Licht her
das mit seinem Gleißen alles aufzehrt
zu jenem, das mit gedämpften Schein
den noch so feinen Staub vor Augen führt.
Aus einer tiefen Dichte auftauchend,
den Geruch des nahen Meers erahnend
bitte ich den, der mich auf solchen Pfad geführt
mich fest an den Stamm einer Pinie zu binden:
In Scharen gedrängt auf der Sandbank
heult ein Robbenchor seinen Gesang,
dunkle Polyphonie der Erde,
die der Wind für sich selbst behält.
An der dünnen Grenze vom Grau zum Grün
hör’ ich kämpfend die Klage des Nordwinds.

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FÜR KINDER

DIE HOCHZEIT VON BUNTSTIFT UND GUMMI

Herr Zeichenstift und
Frau Radiergummi wollten
eine Hochzeit halten
von der alle Leute sprächen.

Er setzt eine Mütze auf
die aussah wie aus Marzipan
und sie zog rosa Schuhe an
die sie ordentlich drückten.

Er zeichnete ein Gastmahl
mit Champagner und Brathuhn
und sie radierte ein wenig aus
um noch Reis dazu zu tun.

Als die Stunde des Fests da war
leitete er das Orchester
und sie radierte eine Pauke aus
die ihr etwas Angst machte.

Und als die Nacht hereinbrach
war er länger als das Bett
und mußte es strecken
wie alles, was knapp ist.

Er erträumte sich ein Schloß
wo der König so war wie er
und sie radierte den Palast aus
in dem der Märchenprinz schlief.


Aus dem Katalanischen übersetzt von Theres Moser ©




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Institució de les Lletres Catalanes